Der Arbeitsschutzausschuss als strategisches Instrument
Es gibt sie noch, jene sacht vor sich hin dümpelnden Ausschüsse für Arbeitsschutz, zu denen die Teilnehmer pflichtgemäß schlurfen: Höchst langweilige Veranstaltungen, trocken wie Schiffszwieback. Rein technisch werden hier Sicherheitsaspekte abgehandelt. Und – „jaja!“ – natürlich betrachte man Gesundheit immer ganzheitlich, nämlich psychisch, physisch und sozial. Die zwei bestallten Vertreter der betrieblichen Interessenvertretung gähnen reihum brav mit den anderen, und schauen heimlich auf die Uhr. Der Arbeitsschutzausschuss (ASA) ist dann eine von vielen Arbeitsgruppen, wo man halt so hin muss …
Gesundheitsschutz lässt sich andererseits aber auch als ein strategisches Thema für jede betriebliche Interessenvertretung instrumentieren. Der Arbeitsschutz wäre dann eine Querschnittsaufgabe, die fast alle Themen in ihren Aufgabenbereich hineinzieht: die Arbeitszeit, das BEM, den Mutterschutz, die Digitalisierung, das Personalmanagement und nicht zuletzt die Unternehmensentwicklung.
Es gibt kaum ein Themenfeld, für das der Arbeitsschutz nicht ein Einfallstor öffnet. Ob es um Fragen der leistungsbezogenen Vergütung geht, um die indirekte Steuerung mittels Zielvereinbarungen, um die angemessene Arbeitszeit – in all diesen Fällen sind wesentliche Gesundheitsinteressen der Beschäftigten betroffen, die wiederum über sein physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden entscheiden.
Beim Arbeitsschutz ist es im Prinzip auch egal, ob es sich Betriebsräte, Personalräte oder um Mitarbeitervertretungen einer kirchlichen Einrichtung handelt. Sie alle gewinnen über das Vehikel des Arbeitsschutzes umfassende Beteiligungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Die Grundlage hierfür ist das Arbeitsschutzgesetz, das für alle Unternehmensbereiche gleichermaßen gilt – seien sie weltlich oder kirchlich. Ab zwanzig Mitarbeitern wird der Arbeitsschutz zur Pflichtaufgabe jedes Managements.
Ein Arbeitsschutzausschuss setzt sich bekanntlich wie folgt zusammen: Er besteht aus dem Arbeitgeber (oder seinem Beauftragten), aus zwei Vertretern der betrieblichen Interessenvertretung, aus dem Betriebsarzt, aus der Fachkraft für Arbeitssicherheit und aus den Sicherheitsbeauftragten. Im Kern eines ‚mitarbeiternahen Nutzens‘ des ASA sollten dabei weniger technische Aspekte stehen, sondern generell die gesundheitlichen Belange der Belegschaften. Diese Aufgabe verschwindet allzu oft hinter der Analyse formaler Vorgänge, hinter dem Unfallgeschehen im Betrieb oder hinter der Beratung neuer Arbeitsverfahren. Auch diese Dinge haben natürlich ihre Berechtigung, die Kernaufgabe aber bleibt die Erarbeitung eines Arbeitsschutz- oder Aktionsprogramms, das dann alle diese Einzelaspekte überwölbt.
Verbindlichkeit ist dabei die Kerntugend jedes ASA: Es gilt, Maßnahmen zu initiieren, Zuständigkeiten festzulegen, Termine fest zu vereinbaren und Ergebnisse zu kontrollieren. Auf jede Tagesordnung gehört daher der Punkt der quartalsweisen Umsetzungskontrolle, die Analyse des Unfall- und Krankengeschehens, und auch der Beschluss von Investitionsmaßnahmen im Arbeitsschutz. Schwerpunktthemen für einen ASA lauten u.a.:
Weiterbildung im Arbeits- und Gesundheitsschutz
Verbesserungsmaßnahmen, angestoßen vom Sicherheitsbeauftragten
Projektarbeit im Arbeits- und Gesundheitsschutz
Gesundes Führen durch angemessenes Managementverhalten
Dienstvereinbarungen – über BEM, BGM oder Arbeitszeit …
Systemanalyse, z. B. Auswertung der BEM-Fälle in Hinsicht auf Erfolg oder Misserfolg
Gefährdungsbeurteilungen, die Arbeitssysteme, die Arbeitsabläufe und Kommunikationswege verbessern.
Man sieht, der Arbeitsschutzausschuss muss keine verschnarchte Routine-Veranstaltung sein. Er lässt sich auch als wirksames strategisches Instrument jeder Mitarbeitervertretung nutzen, weil es den Interessenvertretern reale Macht verleiht. Dornröschen will nur wachgeküsst werden …
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