Tom Otte

Arbeitsschutz vorm Monitor?

Arbeitsschutz vorm Monitor?

Neue Herausforderungen für die Berufswelt

Die Arbeitswelt ändert sich rasch – und damit auch die Anforderungen an den Arbeitsschutz. Beim Gießen von Betonplatten, beim Umgang des Waldarbeiters mit der Kettensäge, bei der Lärmbelastung im Straßenbau ist in Deutschland alles nahezu perfekt geregelt. Was aber ist mit den neuen Berufen, vor allem im digitalen Bereich?

Welche Maßnahmen müssen wir bspw. für die Social-Media-Moderatorin entwickeln, die täglich und nahezu ungeschützt im verbalen ‚Shitstorm‘ steht? Wir wissen, dass Morddrohungen und üble Beschimpfungen ihr täglich Brot sind. Viele Kolleginnen und Kollegen sind bereits traumatisiert, weil Klarnamen samt Adresse öffentlich gemacht wurden. Sie leiden unter Angst und Paranoia. Hinzu kommt, dass sie alle in einem prekären Bereich arbeiten, wo immer noch das Hire-and-Fire regiert. Das gilt für Callcenter und Beschwerdestellen ebenso wie für Redaktionen.
Insgesamt ist der gesamte Bereich der ‚sitzenden Tätigkeiten‘ im Büro bisher nur unzureichend durch Arbeitsschutzmaßnahmen reguliert. Dort muss sich der Fokus dann weniger auf physische Gefährdungen richten, sondern auf die psychischen Belastungen.
Die Arbeitgeber versuchen derzeit, viele vernünftige Gesetze zu blockieren. Die erweiterte Arbeitsstätten-Verordnung liegt im Bundeskanzleramt auf Eis, ebenso die sog. Anti-Stress-Verordnung. Auch eine weitere ‚Flexibilisierung der Arbeitszeiten‘ wird von den Arbeitgebern massiv gefordert, was den Stress weiter erhöhen würde und eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie sabotiert.
Im Hintergrund winken sie oft schon mit der Keule der ‚Industrie 4.0‘, weil in der kommenden Welle der Automatisierung eben nicht mehr die Produktionshallen, sondern diesmal die Büroetagen menschenleer würden. Klassische Unternehmensfunktionen, wie Buchhaltung, Lagerverwaltung, Logistik, Schreibarbeiten oder Marketing lösten sich dann schon bald in Luft auf, weil ‚lernende Algorithmen‘ an die Stelle der bisher dort arbeitenden Menschen treten.
Gewerkschaften – allen voran natürlich ver.di – stehen deshalb vor großen Herausforderungen, weil es heute nicht länger um die ‚Gestaltung der Arbeit‘ sondern um ‚das Schicksal der Arbeit‘ selbst geht. Die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen kocht nicht ohne Grund gerade jetzt medial fast über.

Die Gewerkschaft ver.di schreibt:
„Wir brauchen mehr als einen Helm für Clickworker, wenn wir sicherstellen wollen, dass Arbeiten in der Arbeitswelt 4.0 unter menschengerechten Bedingungen stattfinden wird.“

Im ‚Jahrbuch Gute Arbeit‘ finden sich weitere nützliche Hinweise zum Thema. 

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