Tom Otte

Es ist krank, krank zur Arbeit zu gehen

Es ist krank, krank zur Arbeit zu gehen

Zur Arbeit gehen, obwohl man ins Bett gehört? Vier von fünf Befragten erklären, in den vergangenen zwei Jahren mindestens einmal trotz Krankheit auf der Arbeit erschienen zu sein. 70 Prozent haben dies im genannten Zeitraum sogar mehrfach getan, unter den berufstätigen Frauen sogar 75 Prozent (Männer: 66 Prozent).

tablettenarbeitsplatzAls Gründe nennen 82 Prozent die „Geringfügigkeit der Erkrankung“. Für fast 70 Prozent sind aber auch die Menge der anliegenden Arbeit und die Solidarität mit den Kollegen ein Motiv, sich gesundheitlich angeschlagen ins Büro oder in die Werkstatt zu begeben.

Die Tendenz zum ‚Präsentismus‘, zum Erscheinen auf der Arbeit trotz Krankheit, bestätigt auch eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Rund 20.000 Beschäftigte wurde 2011/2012 danach gefragt, wie oft sie in den vergangenen 12 Monaten krank zur Arbeit gegangen seien. Im Durchschnitt gaben die Befragten daraufhin 11,5 Tage an. Insgesamt 57% der Arbeitnehmer waren erkrankt im Betrieb erschienen. Vor allem Beschäftigte, die unter Leistungs-, Termin- und Zeitdruck stehen, gaben an, arbeitsunfähig am Arbeitsplatz aufgetaucht zu sein. Als Gründe nannten sie mangelnde Vertretungsmöglichkeiten und die Angst vor Entlassung.

Dieses Verhalten schädigt nicht nur die Gesundheit, es kostet Unternehmen erhebliche Summen. Eine verminderte Arbeitsfähigkeit führt zu Fehlern und verursacht Unfälle. Die Folgekosten durch jene Arbeitnehmer, die trotz Krankheit zur Arbeit gehen, sind ungefähr doppelt so hoch, wie bei jenen Arbeitnehmern, die im Krankheitsfall zu Hause bleiben. Experten von Booz & Company schätzen den Bruttowertschöpfungsausfall durch den Präsentismus auf etwa 225 Milliarden Euro.

Der Fisch stinkt bekanntlich immer vom Kopf her: Eine Studie der Hochschule Coburg (gemeinsam mit der Personalagentur LAB&Company), die knapp 400 Spitzenmanager befragte, zeigt, dass besonders Führungskräfte schonungslos mit ihrer eigenen Gesundheit umgehen. 58% der befragten Führungskräfte erscheinen selbst mit einer mittelschweren Erkältung am Schreibtisch. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Jeder dritte Chef schickt kranke Mitarbeiter nicht nach Hause.

Mit anderen Worten: Die Führungskräfte selbst sind schlechte Vorbilder.

Mehr Infos zum Präsentismus: http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Gd60.html

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